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Die Geschichte der Elsterbrücken

Eine Furt durch die Elster war bis Ende des 16. Jahrhunderts die einzige Fahrverbindung zwischen der alten Salzstraße und der Straße Gera-Weida. Bei der Durchquerung des Flusses nutzte man die flachste Stelle am sogenannten Taubenpreskelner Gries, etwas nördlich der heutigen Eisenbahnbrücke in Verlängerung der Scherperstraße. Auch für ortsansässige Fuhrwerke war das damals die einzige Möglichkeit, durch das Flussbett der Elster und über die Elsterwiesen zur Zoitzmühle zu gelangen. Das Elsterwehr flussaufwärts gewährte an diesem Flussabschnitt einen meist niedrigen und gleichbleibenden Wasserstand.

Eine Akte aus dem Jahr 1583 lässt den Schluss zu, dass der damalige Besitzer der Zoitzmühle, Valentin Graul, bereits einige Jahre vorher eine erste Brücke nahe Liebschwitz über die Elster bauen ließ. Wie aus dem Kaufvertrag hervorgeht, gehörte die Brücke eindeutig zum privaten Besitz des Zoitzmüllers. Dieses Besitzverhältnis dauerte bis zum Jahre 1872. Viele Hochwasser, besonders auch die starken Eisfahrten im Winter, beschädigten die Brücke immer und immer wieder. So wurde am 27. Februar 1784 durch eine mächtige Eisfahrt nicht nur die alte Wünschendorfer Holzbrücke zerstört, sondern auch die Holzbrücke in Liebschwitz stark in Mitleidenschaft gezogen. Eine aufwändige Reparatur machte die alte Brücke noch einmal bis zum Jahre 1811 nutzbar, dann musste eine neue Holzbrücke erbaut werden.

Diese überdachte Holzbrücke, der bis heute intakten Wünschendorfer Holzbrücke ähnlich, überstand die Witterungsunbilden bis zum Jahre 1926. Historische Fotos aus den 1920er Jahren erinnern an diesen imposanten Brückenbau, ebenso das immer noch gut erkennbare östliche Widerlager der Brücke. (ca. 30 m unterhalb des Widerlagers der bis zum Jahr 2000 genutzten Friedensbrücke). Für die Benutzung wurde Brückenzoll verlangt. Maße der alten Holzbrücke: 27 m Länge, 3,20 m Breite, 5,30 m lichte Höhe, 3,5 t Tragfähigkeit.

Durch das große Hochwasser im August 1924 wurden die westliche Auffahrtrampe und das Widerlager so stark beschädigt, dass man sich im Ort ernsthafte Gedanken über einen Brückenneubau machte. Die Gemeinde Liebschwitz musste die Hälfte der Baukosten (100.000 Mark) selbst beschaffen. Unter Regie des damaligen Bürgermeisters Fischer wurde eine sogenannte Brückenbaulotterie ins Leben gerufen, mit deren Hilfe die erforderlichen finanziellen Mittel beschafft wurden. Mit einem Waren-Lotterie-Los im Wert von einer Goldmark konnte man einige verlockende Gewinne erzielen. Der Hauptgewinn war ein komplettes Einfamilienhaus. Die Gemeinde konnte in Eigenregie den Brückenneubau im Mai 1926 nach nur acht Monaten Bauzeit beenden. Die neue massive Zoitzbrücke wurde am 21. Mai 1926 feierlich für den Straßenverkehr freigegeben (zulässige Höchstbelastung: 38 t). Die ausgediente Holzbrücke brach man nach der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Betonbrücke ab. Ihr Holz wurde beim Dachstuhlbau des Hauses Gartenstraße 3/5 verwendet. Die erste massive Liebschwitzer Elsterbrücke tat vom Mai 1926 bis zum April 1945, also nur ganze 19 Jahre, ihren Dienst. Am 13. April 1945 wurde die Brücke, wie einige andere Geraer Brücken auch, durch die deutsche Wehrmacht gesprengt. Das gleiche Schicksal erlitt auch die über die Elster führende Bahnbrücke. Ein provisorischer nur bei Niedrigwasser begehbarer Holzsteg auf den Trümmern der gesprengten Zoitzbrücke diente zum Überqueren. Der Fahrzeugverkehr musste zwangsläufig über die Zwötzener Brücken rollen, da die Meilitzer Brücke ebenfalls teilweise gesprengt war.

Eine Behelfsbrücke wurde dann 1946 an dem Platz der alten Holzbrücke errichtet, wobei man das östliche Widerlager nutzen konnte. Diese Brücke ließ zwar einen beschränkten Fahrzeugverkehr zu, doch bot sie keinen großen Schutz gegen Hochwasser und schon gar nicht gegen das Treibeis im Winter. Die Fahrbahn bestand aus 12 bis 15 cm starken Rundhölzern, die wegen der Trägerabstände von 1,40 m viel zu schwach waren und nur eine Belastung bis zu einer Tonne zuließen. Dieses Provisorium musste immer wieder abgestützt und zum Teil erneuert werden. Das war keinesfalls eine dauerhafte Lösung.

Der Neubau einer massiven Elsterbrücke konnte nicht länger aufgeschoben werden. Die Stadt Gera, zu der Liebschwitz am 1. Juli 1950 eingemeindet wurde, war in der Pflicht. Die Geraer Firma „Regel, Kropp & Cie“ wurde 1951 mit der Bauausführung beauftragt. Eine sehr beschwerliche und zeitaufwendige Arbeit war das Bergen der im Wasser liegenden alten Betonteile der 1945 gesprengten Brücke. Beide Widerlager der alten Betonbogenbrücke, die nicht zerstört wurden, konnten wieder verwendet werden. Noch heute ist dies am Steingeländer des östlichen Widerlagers erkennbar. Außerdem war sie in Bezug auf ihren Vorgängerbau in einer etwas leichteren Bauweise errichtet worden. Die Beton-Brückenbögen waren nun durchbrochen. Die neue Betonbogenbrücke wurde am 13. Januar 1952 feierlich eingeweiht und erhielt den Name „Friedensbrücke“ (Baukosten: 150.000 Mark). In allen Büchern und Broschüren über den sozialistischen Wiederaufbau in der Stadt Gera war ein Bild der Friedensbrücke dabei. Die verheerenden Hochwasser im Juli 1954 konnten dieser Brücke nichts anhaben. Anfang März 1961 brachte man an dem westlichen Widerlager der Friedensbrücke eine Gedenktafel für den ungarischen KZ-Häftling Havas Ferenc an, der 1945 von der SS beim Gefangenenmarsch hier ermordet wurde. Über viele Jahre tat die Brücke ihren Dienst. Die Straße zwischen Liebschwitz und Röppisch entwickelte sich in dieser Zeit auch von einer relativ ruhigen Ortsverbindungsstraße zu einer extrem verkehrsbelasteten Straße.

Am 4. Mai 1998 wurde die Entscheidung getroffen, die Friedensbrücke auf Grund von Schäden am Bauwerk für Fahrzeuge über 18 t zu sperren. Das rief natürlich Proteste bei der Geraer Stadtwirtschaft (Deponie Untitz) und bei einigen Wünschendorfer Betrieben, insbesondere dem Dolomitwerk, hervor. Ein Brückenneubau war die einzige Alternative. Die Vermessungsarbeiten für eine neue Brücke begannen am 1. Febr. 1999. Die Stadt stellte 3,4 Mio. DM für den Brückenneubau zur Verfügung. Die Ausschreibung für den Abriss und den Neubau der Friedensbrücke einschließlich der Ertüchtigung der Mühlgraben- und Röppischbachbrücke und für den Kreisverkehr an der Friedensbrücke erfolgte am 28. Aug. 1999. Den Zuschlag bekam die für Brückenbauten bekannte Eisenacher Firma Gerdum & Breuer. Am 22. Nov. begannen die Arbeiten zum Brückenneubau (Spannweite: 58 m). Nachdem die Widerlager auf beiden Uferseiten errichtet und ein Pfeiler fertiggestellt war, konnte nach wochenlangen Schalungs- und Stahlflechtarbeiten schließlich in zwei Tagen, 11./12. Juli 2000, der Beton, 600 qm, für den eigentlichen Brückenkörper gegossen werden. Bereits am 14. Juli war eine eingeschränkte Verkehrsfreigabe für den neuen Kreisverkehr möglich. Parallel zu den Bauarbeiten an der Friedensbrücke wurde die schöne alte Naturstein-Mühlgrabenbrücke weggerissen und durch eine Betonbrücke ersetzt. Am 6. Nov. war die feierliche Einweihung der neuen Friedensbrücke. Zunächst rollte der Verkehr jedoch nur in Richtung Liebschwitz. Nach einer Winterpause gingen im März die Restarbeiten an der Brücke weiter, bis endlich erstmalig der Verkehr auch in Richtung Röppisch über die neue Brücke rollte. Die alte Brücke wurde zum Abriss vorbereitet, Pflaster entfernt und die Fahrbahn unter der Bahnbrücke abgesenkt. Das östliche Widerlager, was eigentlich das Widerlager der 1926 errichteten ersten Steinbogenbrücke ist, blieb stehen. Nach zweiwöchigen Abrissarbeiten mit schwerer Technik stürzte am 30. März 2001 der letzte Teil des Betonbogens in die Elster. Der formschöne Friedensbrückenbau hatte gerade mal ein Alter von 49 Jahren erreicht. Die langwierigen Straßenbauarbeiten an der Mühlgraben- und Röppischbachbrücke fanden mit der Straßenasphaltierung im Febr. 2002 auch endlich ihren Abschluss.

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